Derzeit unterliegen Überstunden sowie die entsprechenden Zuschläge der regulären Besteuerung und Sozialabgabenpflicht. Seit einiger Zeit gibt es Pläne, dies zu ändern. Die Bundesregierung beabsichtigt, Überstundenzuschläge künftig steuerfrei zu stellen. Mit dieser Maßnahme sollen die steigenden Lebenshaltungskosten abgefedert und in Zeiten des Fachkräftemangels die Motivation zur Mehrarbeit erhöht werden. Es regt sich jedoch bereits Kritik. So begrüßt der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) die Pläne zwar grundsätzlich, fürchtet aber auch einen tiefen Eingriff in betriebliche Abläufe. In der Praxis werden Überstunden häufig nicht ausbezahlt, sondern durch Freizeit ausgeglichen. Tarifverträge sehen zudem vor, dass Mehrarbeit auf Arbeitszeitkonten verbucht wird. Solche Konten sind branchen- und unternehmensübergreifend weit verbreitet und bieten sowohl Beschäftigten als auch Unternehmen eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit – insbesondere zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Eine steuerliche Begünstigung von Überstundenzuschlägen könnte jedoch dazu führen, dass Arbeitgeber unter Druck geraten, Überstunden unmittelbar zu vergüten. Dies würde bewährte Modelle der Arbeitszeitkonten in ihrer bisherigen Form gefährden.

Ein weiteres Risiko besteht darin, dass Tarifvertragsparteien die Wochenarbeitszeit gezielt absenken könnten – beispielsweise auf 34 Stunden. Beschäftigte, die dennoch 38 oder 40 Stunden arbeiten, würden dann für die zusätzlich geleisteten 4 bis 6 Stunden abgabenfreie Zuschläge erhalten, obwohl keine tatsächliche Mehrarbeit erbracht wird.

In zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen sowie in den Freien Berufen gilt eine 40-Stunden-Woche häufig als übliche Arbeitszeit, da dort in der Regel keine Tarifverträge Anwendung finden. Die Schwelle für steuerlich begünstigte Mehrarbeit liegt in diesen Betrieben somit höher als in tarifgebundenen Bereichen. Beschäftigte in solchen Unternehmen würden daher seltener von steuerfreien Zuschlägen profitieren, was einen spürbaren Wettbewerbsnachteil bei der Bindung und Gewinnung von Fachkräften mit sich bringt.

Überdies befürchtet der DStV zusätzliche bürokratische Belastungen bei der Umsetzung der Pläne. Dabei steht der Wunsch nach Bürokratieabbau eigentlich ganz oben auf der Agenda.